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Otto Sudrow über Matthias Dietz

In den 80er-Jahren, auf der Suche nach einem Standort für die erste MAGAZIN-Filiale, hatte ich Frankfurt im Auge. Alle Kriterien trafen für mich in hohem Maß zu, obwohl der Ruf „Bankfurt“ und „Mainhattan“ so abstoßend wie bezeichnend war. Damals besuchte ich Dich, Matthias, im Zentrum von Frankfurt auf der „Fressgass“. In einem Hochhaus der 50er-Jahre, oberste Etage, wo alle lieber am Stadtrand wohnten. Ich erspähte einen Austritt auf die Dachfläche auf dem ein Podest mit einem Wasserrohr, einer Antenne ähnlich stand: Deine Freiluftdusche. Ich konnte 1a nachvollziehen hier nackt im Gravitationszentrum dieser Metropole zu stehen und mich angesichts von Alter Oper, Dom, Börse, Paulskirche, Römer – zu erfrischen und dabei Ausschau zu halten, Zukunftsweisendes zu sichten.

Was mir seither gefällt ist, Dich agieren zu sehen. Stets wissbegierig und interessiert den Stand der Dinge zu erörtern, die Entwicklungen in Gestaltung, Kultur, Wirtschaft. Nicht nur interessiert, auch gut informiert. Genauer: mit der deontischen Prämisse beschäftigt [Für den Designtheoretiker Horst Rittel ist deontisches Wissen die höchste Wissenskategorie (Deontologie = Lehre von dem, was sein soll)], die den stetigen Veränderungen vorausgehen muss, an denen wir als Designer ja aktiv beteiligt sind. Wenn wir unserem Beruf nachgehen, unseren eigenen Ansprüchen gerecht werden wollen und dabei vor unserer eigenen Türe kehren, können wir ja nicht anders, als nach Verbesserungen Ausschau zu halten. Wo es hingeht, das ist Futurologie. Nein, schwieriger, wohin es gehen soll!

In Berlin, in Deiner Werbeagentur, entwickelte sich dann Dein Schwerpunkt deutlich heraus, für den der Name der Agentur – „Realgestalt“ – Programm war. Weg von der “Koof- mich-Mentalität” der Werbebranche, hin zum Gebrauchswert der Nutzer. Dein scharfer Wind kam am deutlichsten in den Katalogen von “MAGAZIN” zum Ausdruck. Ein Großteil der Abbildungen zeigte Produkte des Sortiments im Verwendungszusammenhang, also in der Normalität des Alltags. Nicht per Fotostyling bewusst dekoriert, sondern in Kundenwohnungen gesucht und gefunden, zufällige Einrichtungssituationen, Stillleben ähnlich. Das ganze Chaos der Absichtslosigkeit in Schnappschüssen.

Dein Können als Sparringspartner für „guten Gespräche“ anzubieten, scheint logische Veränderung und Konsequenz.